Präventionsradar 2024: Erschöpfung und Einsamkeit im Schulalter
Alle Kinder und Jugendlichen sollen, unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lage, die gleichen Chancen auf Gesundheit und ein gesundes Aufwachsen bekommen. Viele Krankheiten haben ihren Ursprung im Kindes- und Jugendalter, und die gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen, die in dieser Lebensphase erworben werden, sind prägend bis ins Erwachsenenalter hinein.
Für eine bedarfsgerechte Gesundheitsförderung ist eine kontinuierliche Bestandsaufnahme der gesundheitlichen Situation der Heranwachsenden notwendig. Seit dem Schuljahr 2016/2017 trägt der Präventionsradar diesem Bedarf mit einer groß angelegten Schulstudie Rechnung.
Der Präventionsradar umfasst Erhebungswellen, die durch Krisen wie den Krieg in Europa sowie die COVID-19-Pandemie im Schuljahr 2020/2021 und 2021/2022 und den dadurch bedingten sozialen und finanziellen Auswirkungen geprägt waren. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen hatten auch besondere Auswirkungen auf die Lebensrealität Heranwachsender, die mitunter die Notwendigkeit erfuhren, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und anzuwenden. Es gibt Hinweise darauf, dass nicht alle Kinder und Jugendlichen in der Lage waren, die an sie gestellten Anforderungen zu bewältigen.
Die wichtigsten Informationen der 8. Befragungswelle haben wir auf dieser Website für Sie zusammengefasst.
Zentrale Ergebnisse
Allgemeiner Gesundheitszustand
- Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen schätzte ihre Gesundheit als sehr gut oder gut ein.
- Mädchen, Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sowie Heranwachsende, die kein Gymnasium besuchen berichteten häufiger von einem schlechten Gesundheitszustand.
- Der Gesundheitszustand wurde im Schuljahr 2023/2024 etwas schlechter eingeschätzt als im Schuljahr 2019/2020.
Einsamkeit
- Etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen berichtete von erhöhter Einsamkeitsbelastung.
- Etwa 8 Prozent aller Heranwachsenden im Alter von 9 bis 17 Jahren und jeder und jede Fünfte mit niedrigem Sozialstatus (19 Prozent) fühlte sich oft einsam.
- Die Werte entsprechen den Vorjahreswerten (Schuljahr 2022/2023).
Erschöpfung
- Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (55 Prozent) berichtete, einmal pro Woche oder häufiger erschöpft zu sein.
- Mädchen sind mit 62 Prozent häufiger betroffen als Jungen mit 48 Prozent.
- Benachteiligte Kinder und Jugendliche sind häufiger erschöpft (67 Prozent) als Kinder und Jugendliche mit hohem Sozialstatus (53 Prozent).
Emotionale Probleme
- Jeder und jede siebte Heranwachsende hatte im Schuljahr 2023/2024 emotionale Probleme.
- Es gibt einen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen: Jedes fünfte Mädchen hatte emotionale Probleme, aber nur jeder 20. Junge.
- Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Sozialstatus berichteten häufiger von Symptomen.
- Kinder und Jugendliche hatten während der COVID-19-Pandemie häufiger emotionale Probleme als davor und danach.
Schlafprobleme
- Mehr als ein Drittel der Kinder und Jugendlichen berichtete im Schuljahr 2023/2024 von Schlafproblemen, die einmal pro Woche oder häufiger auftraten.
- Mädchen sowie Kinder und Jugendliche mit niedrigem Sozialstatus waren deutlich häufiger betroffen.
- Im Schuljahr 2021/2022 (zweite Erhebungswelle während der COVID-19-Pandemie) waren Schlafprobleme verbreiteter als vor und nach der Pandemie.
Krisenbezogene Ängste
- Im Schuljahr 2023/2024 gaben drei Viertel der Kinder und Jugendlichen an, durch die gegenwärtigen Krisen ausgelöste Ängste zu verspüren.
- Ein Anteil von sechs Prozent berichtete, oft Angst zu haben.
- In Bezug auf die Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die oft mit Ängsten auf aktuelle Krisen reagieren, lässt sich feststellen, dass insbesondere Mädchen sowie Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien betroffen sind.
Auf ein Wort
Fazit
Die Häufigkeit von (psycho-)somatischen Beschwerden und psychischen Auffälligkeiten bei Heranwachsenden gibt Anlass zur Sorge. Zudem weisen spezifische Subgruppen von Kindern und Jugendlichen alarmierende Prävalenzraten von depressiven Symptomen auf. Besorgniserregend ist auch die Prävalenz von Einsamkeitserfahrungen bei bestimmten Untergruppen von Kindern und Jugendlichen.
Die Daten des Präventionsradars bestätigen die in der Vergangenheit durch andere Studien gewonnenen Erkenntnisse, dass psychische Probleme wie das Vorliegen von depressiven Symptomen bei Mädchen im Vergleich zu Jungen häufiger auftreten. Die Daten zeigen, dass sich diese geschlechterspezifischen Unterschiede auch im Jahr 2024 beobachten lassen. Zudem verdeutlicht die Studie, dass Einsamkeit kein Phänomen des Alters ist und unter Heranwachsenden eine erhöhte Einsamkeitsbelastung verbreitet ist.
Nicht alle Kinder und Jugendliche sind in gleichem Ausmaß von gesundheitlichen Einschränkungen und Entwicklungsrisiken betroffen. Eine Bestandsaufnahme ist daher notwendig und kann im Rahmen der schulischen Umwelt durchgeführt werden.
Download: Präventionsradar 2024
Methodik und Setting
Die schulbasierte Fragebogenstudie „Präventionsradar“ wird seit dem Schuljahr 2016/2017 in der Sekundarstufe I durchgeführt. Die jährlichen Erhebungen liefern mehr als 100.000 Datenpunkte zum Gesundheitsverhalten Heranwachsender. Die achte Erhebungswelle wurde zwischen November 2023 und Februar 2024 durchgeführt. Insgesamt nahmen 23.154 Kinder und Jugendliche an der Erhebung im Schuljahr 2023/2024 teil, welche allgemeinbildende weiterführende Schulen besuchten und im Mittel 13 Jahre alt waren. Der vorliegende Bericht präsentiert in erster Linie ausgewählte Ergebnisse des Präventionsradars der achten Befragungswelle aus dem Schuljahr 2023/2024. Darüber hinaus wurde, sofern möglich, auf die Befunde vorangegangener Jahre Bezug genommen.